Generalization of Fear Extinction Learning (genfex) – DFG-Projekt

Mechanismenbasierte Psychotherapieforschung versucht insbesondere diejenigen Veränderungsmechanismen zu identifizieren, die den Erfolg von psychotherapeutischen Interventionen vermitteln, um dieses Wissen für die Optimierung und Individualisierung der Interventionen zu nutzen.

Vor diesem Hintergrund untersucht unsere Studie die Prozesse der Generalisierung des Extinktionslernens – einem Teilprozess eines postulierten Wirkmechanismus, der mutmaßlich für die expositionsbasierte kognitive Verhaltenstherapie (KVT) von Angststörungen angenommen wird.

Unser Ziel ist es, stimulus- und kontextbezogene Extinktionsgeneralisierungsgradienten zu identifizieren. Darüber hinaus untersuchen wir den Einfluss individueller Unterschiede auf die Generalisierungsprozesse. Daher vergleichen wir die Generalisierungsleistungen zwischen Angstpatient:innen und gesunden Proband:innen, wobei wir letztere anhand verschiedener Persönlichkeitseigenschaften (z. B. Trait-Anxiety) differenzieren.

Durch diese Studie möchten wir zu einer mechanismenbasierten und personalisierten Weiterentwicklung der KVT beitragen. Dieses Forschungsprojekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert und von Mitarbeiter:innen der Stiftung Universität Hildesheim in Kooperation mit der Universität Greifswald durchgeführt.

Ansprechpartner

Edgar Nazarenus
Informationen für Interessierte

In für den Organismus bedrohlichen Situationen Angst zu erleben ist eine überlebensnotwendige Reaktion unseres Körpers. Um sich optimal auf verändernde Umweltbedingungen anzupassen, sind wir Menschen mit der Fähigkeit ausgestattet, aus vergangenen Erfahrungen zu lernen. So lernen wir in bedrohlichen Situationen, welche Hinweise aus der Umwelt diese Bedrohung schnell und effektiv vorhersagen. Verknüpfen wir diese Hinweisreize aber zu stark mit einer möglichen Bedrohung, kann dies zur Entwicklung von krankhaften Ängsten und Angststörungen beitragen. Studien zeigen, dass Angststörungen zu den häufigsten psychischen Störungen zählen. Die betroffenen Patient:innen leiden typischerweise unter einer hohen Krankheitslast. Besonders chronische oder rezidivierende Verläufe sind mit hohen Komorbiditätsraten und Suizidalität assoziiert. Die expositionsbasierte kognitive Verhaltenstherapie (KVT) ist derzeit eines der effektivsten Behandlungsverfahren für Angststörungen. Gleichwohl profitieren bisher einige Patient:innen nicht oder nur begrenzt von der Behandlung oder erleben nach der Behandlung eine Rückkehr der Angst.

Bei der Expositionstherapie werden die Patient:innen dazu angeleitet, sich ihren Ängsten aktiv zu stellen, um in der gezielten Konfrontation mit angstauslösenden Situationen oder Objekten zu lernen, dass angenommene Befürchtungen nicht eintreten. Ziel ist es also, erwartungsinkonsistente Erfahrungen zu machen. Das führt mittel- und langfristig zu einer Reduktion der Angstsymptomatik. Forscher:innen gehen davon aus, dass diese Angstreduktion durch einen bestimmten Lernprozess – das sogenannte Extinktionslernen – vermittelt wird. Dieser beschreibt ein aktives Neulernen, dass bisher mit Bedrohung assoziierte Hinweisreize eigentlich Sicherheit signalisieren.

Bei unserem Forschungsprojekt geht es speziell um die Generalisierung von Extinktionslernen. Das meint den Transfer der Erfahrungen aus den in der Therapie durchgeführten Expositionsübungen auf nicht geübte Situationen und Objekte. In der langfristigen Reduktion von krankhaften Ängsten spielt dieser Prozess eine entscheidende Rolle, da man aufgrund begrenzter Ressourcen in der Therapie nicht jedes gefürchtete Szenario mit de:r Therapeut:in üben kann.

Falls Sie sich für eine aktive Teilnahme an unserer Studie interessieren, können Sie diesem Hyperlink folgen. Darüber werden Sie zu einem Screeningfragebogen weitergeleitet. Dort finden sich alle weiteren Studieninformationen.

Informationen für Fachleute

Extinktionslernen gilt als ein Wirkmechanismus der expositionsbasierten kognitiven Verhaltenstherapie (KVT). Angesichts der begrenzten Psychotherapie-Behandlungsdosis ist der Transfer des Extinktionslernens auf gefürchtete Auslösereize und Kontexte, die während begleiteter Übungen nicht berücksichtigt werden konnten, für dauerhafte und effektive Behandlungserfolge entscheidend. Über den spezifischen Prozess der Generalisierung des Extinktionslernens ist jedoch wenig bekannt. Daher untersucht diese Studie die Existenz von Generalisierungsgradienten im Kontext des Extinktionslernens, wie sie bereits beim Angstlernen beobachtet wurden.

Drei Gruppen von 25 gesunden Proband:innen, die jeweils ein niedriges, mittleres bzw. hohes Maß an Trait Anxiety aufweisen, werden untersucht und mit einer Stichprobe von 25 Patient:innen mit Angststörungen verglichen. Alle Proband:innen werden an zwei neu entwickelten Paradigmen teilnehmen – eines ist darauf zugeschnitten, die Generalisierung des Extinktionslernens über ein Spektrum von Hinweisreizen hinweg zu untersuchen, einschließlich eines furchtkonditionierten/gelöschten Hinweisreizes, eines konditionierten/nicht gelöschten Hinweisreizes und mehrerer ähnlicher Generalisierungshinweisreize sowie eines nicht-furchtkonditionierten Sicherheitsreizes. Das andere Paradigma dient der Untersuchung von kontextbezogener Extinktionsgeneralisierung, dies meint den Recall des Extinktionslernens in mehreren Generalisierungskontexten, die dem präsentierten Kontext während des Extinktionstrainings ähnlich sind. Beide Versuchsprotokolle beinhalten eine instruierte Furchtkonditionierung und eine 24-stündige Konsolidierungsphase des Angstgedächtnisses vor dem Extinktionstraining und dem Generalisierungstest. Zu den physiologischen Ergebnissen gehören Hautleitfähigkeitsreaktionen, angstpotenzierte Schreckreflexe und Herzratenveränderungen. Zusätzlich werden unkonditionierte Stimulus (US)-Erwartungsbewertungen und Hautleitfähigkeitsreaktionen (SCR) während US-Auslassung (omSCR) verwendet, um Vorhersagefehlerprozesse abzubilden.

Für die Gesamtstichprobe erwarten wir bei Proband:innen mit einer höheren Angstlast weniger stark ausgeprägte hinweisreiz- und kontextbezogene Generalisierungsleistungen des Extinktionslernens.


Projektleitung

Prof. Dr. Jan Richter

Lehrstuhlinhaber Experimentelle Psychopathologie

Stiftung Universität Hildesheim
Institut für Psychologie
Universitätsplatz 1
31141 Hildesheim

Besucheradresse:
Schützenallee 41 b
Raum SH.TW.2.23 (Nebengebäude Twetje)
31134 Hildesheim

Tel.: +49 5121 883-11202

jan.richteruni-hildesheimde

Kooperationspartnerin

Prof. Dr. Eva-Lotta Brakemeier

Lehrstuhlinhaberin Klinische Psychologie & Psychotherapie
Direktorin des ZPP

Universität Greifswald
Institut für Psychologie
Franz-Mehring-Straße 47
Raum 218
17489 Greifswald

Tel.: +49 3834 420 3718
Fax: +49 3834 420 3763

eva-lotta.brakemeieruni-greifswaldde

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